Wie man Frauen hinhält, bis es ihnen reicht

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Baden ist eine Stadt, die viele bedeutende Frauen hervorbrachte. Die frühe Frauenrechtlerin Marianne Hainisch wurde hier geboren, Bertha von Suttner verbrachte ihre Sommerfrische in der Kaiserstadt, Fanny von Arnstein führte einen Salon, und über Mariette Lydis war auf artemisia.blog schon andernorts die Rede. Die vielleicht berühmteste lebende Badenerin ist Marlene Streeruwitz, auch Jakob Lena Knebl wird immer prominenter, gerade jetzt mit einer Schau im Palais de Tokyo. All diese Frauen führt der Verein Frauenzimmer Baden, der sich für ein Frauenmuseum einsetzt, auf seiner Website an. Und noch viele mehr. 

Mariette Lydis, Foto: Willem van de Poll - Nationaal Archief 191-0553, CC0, https://commons.wikimedia.org
Kein Frauenmuseum für die berühmte Badenerin Mariette Lydis (Foto: Willem van de Poll – Nationaal Archief 191-0553, CC0, https://commons.wikimedia.org)

Hoffnungsschimmer fürs Frauenmuseum

Seit zehn Jahren kämpft dessen beeindruckende Obfrau, Beate Jorda, für ein Frauenmuseum in ihrer Heimatstadt. Sie holte eine Unzahl von Mitstreiterinnen an Bord, veranstaltete Gespräche und Workshops, machte sich auf die Suche nach Orten, leistete Überzeugungsarbeit. Es war ein Hin und Her, vor allem den Standort betreffend: Immer ging irgendwas aus irgendwelchen Gründen dann doch nicht. Auch die Idee selbst stieß bei Teilen der Bevölkerung auf Widerwillen. In der Badener Zeitung kotzten sich Leserbriefe ressentimentgeladen aus darüber. Eh klar: Je lauter feministische Forderungen werden, desto heftiger müssen sie bekämpft werden. Kennen wir.

Doch plötzlich sah es nun eine Zeitlang gar nicht schlecht aus. Die Stadt Baden finanzierte, offensichtlich durchgesetzt von Vizebürgermeisterin Helga Krismer, eine Machbarkeitsstudie für das angedachte Frauenmuseum, durchgeführt von Kunsthistorikerin Felicitas Thun-Hohenstein, Architektin Andrea Graser sowie Katharina Boesch vom Kurator_innen-Kollektiv section.a. Dann wurde das Konzept präsentiert; von einem Frauenmuseum kam man ab, stattdessen lag ein Konzept für ein Zentrum für Kultur und feministische Forschung (ZKF*) am Tisch. Es sah so aus, als würde es nun endlich was werden aus dem Plan, auch im Osten Österreichs ein Kulturzentrum für Frauen umzusetzen – in Ergänzung zum Frauenmuseum Hittisau am anderen Ende des Landes. Es sah kurz so aus, als hätte die Stadtverwaltung – in Gestalt des damals auch anwesenden Bürgermeisters Stefan Szirucsek – ein Interesse daran, dass ein solches Haus in Baden eröffnet. Das war am 27. März. 

Helmut Hofer-Gruber, Felicitas Thun- Hohenstein, Beate Jorda, Vizebgm.in Helga Krismer, Andrea Graser, Katharina Boesch, Bgm. Stefan Szirucsek
Präsentation der Machbarkeitsstudie: Helmut Hofer-Gruber, Felicitas Thun- Hohenstein, Beate Jorda, Vizebürgermeisterin Helga Krismer, Andrea Graser, Katharina Boesch, Bürgermeister Stefan Szirucsek (Foto: NÖN/Sandra Sagmeister)

Stille – und Stopp

Und dann, so beschreibt es Beate Jorda, diese beeindruckende, engagierte, couragierte Frau, kam: nichts. Es herrschte Stille. Langsam jedoch sprach es sich ein wenig herum, dass es Schwierigkeiten geben könnte. Jemand erzählte Jorda, dass das Projekt abgesagt sei. Niemand hatte sie darüber informiert. Erst, nachdem sie den Bürgermeister um ein Gespräch gebeten hatte, erklärte ihr dieser, dass jenes Vorhaben, in das sie jahrelang Herzblut, Energie und Unmengen von Zeit gesteckt hatte, nun gestoppt werde. Das Problem ist auf einmal, dass die Machbarkeitsstudie die Stadtbücherei nicht einbezogen habe. Diese sei nämlich, wie man den drei Autorinnen der Studie mitgeteilt hatte, notwendig. Freilich hatten diese umgehend darauf hingewiesen, dass es an dem vorgesehenen Ort viel zu wenig Platz für einen Ausstellungsraum und eine Bücherei für eine Stadt dieser Größe gebe. In der NÖN, den Niederösterreichischen Nachrichten, behauptet der Bürgermeister, dass „wir alle eine Nachdenkpause brauchen“. Eine Seite später hört es sich anders an, da sagt er plötzlich, dass das Projekt „aus wirtschaftlichen Gründen gestoppt“ sei. 

Bertha Eckstein-Diener, https://commons.wikimedia.org
Kein Haus für Bertha Eckstein-Diener (Foto: https://commons.wikimedia.org)

Geduld? Ha, ha, ha!

Ist es denn zu fassen? Ein engagierter Verein startet ein gesellschaftspolitisch so wichtiges Projekt, ihr wird die Karotte vor die Nase gehalten – und dann plötzlich ist alles beim Teufel? Was ist mit den vielen Frauen, die dafür brennen? Die sind egal. Weil’s halt nicht opportun ist, weil der gesellschaftliche Wind gerade wieder in Richtung rückwärts bläst? Zog man denn überhaupt je tatsächlich in Betracht, ein Frauenmuseum zu eröffnen? Im Rückblick betrachtet: wohl nicht. Es schaut so aus, als suche man aktiv nach Gründen, es eben zu verhindern.

Die NÖN meinte zu der ganzen Misere: „Frauen sind geduldige Wesen, eine weibliche Tugend, die in diesem Fall weiterhin von Nöten sein wird.“ Und auch die Anfrage von artemisia.blog an den Bürgermeister, wie das nun weitergehen solle, wird ignoriert. Mein Mail vom 25. Oktober ist bis heute nicht beantwortet; zuerst war der Szirucsek im Herbsturlaub, danach auf Dienstreise. Seine Assistentin ersuchte nach dem zweiten Nachhaken „nochmals um Geduld“.

Nein, Geduld ist keine „weibliche Tugend“. Es ist eine Zuschreibung an Frauen, weil man sie gern hinhält und vertröstet.

Engagiert, aber am Ende der Geduld: Beate Jorda (Foto: privat)

Die Stadtgemeinde Baden sollte Beate Jorda in Wirklichkeit einen Verdienstorden umhängen und ihrer Bevölkerung sowie uns allen ein Frauenzentrum ermöglichen. Doch in dieser – an den Schlüsselpositionen ausschließlich von Männern verwalteten – Stadt wird das wohl nichts mehr werden. Das Frauenmuseum verstarb pränatal. Und wieder einmal hat ein Haufen Männer Frauen in die Schranken gewiesen.

7 comments

  1. Dass es Frauen in Baden nicht leicht haben, weiß ich aus eigener Erfahrung. Trotzdem, nicht aufgeben, steter Tropfen höhlt den Stein

  2. warum glauben Sie, hatte ich nach 20 Jahren Baden mit meiner Galerie verlassen!
    mit freundlichen Grüßen Andrea Jünger

    1. Das ist das Traurige, dass so eine konservative Haltung wie die der Stadt dann viele vertreibt, die sich engagieren. Immerhin gibt es mittlerweile das Fotofestival, auch das Cinema Paradiso. Es leben also noch Leute dort, die etwas vorantreiben und deren Tun auch gewürdigt gehört.

  3. Danke Nina für diesen Beitrag. In mir brodelt es. Ich komm eigentlich gar nicht mehr zur Ruhe. Weil sich Ratlosigkeit in mir breit macht. Margot Pilz hat zu mir gesagt „wir müssen laut bleiben!“ Ja eh! aber langsam frage ich mich, wie?

    1. Liebe Asta, Margot hat natürlich völlig recht – wie: Das frage ich mich auch. Wie? Das ist die große Frage. Tun, was man tun kann, immer wieder aufzeigen. Und vielleicht auch manchmal weiterziehen. Vielleicht ist ein Frauenmuseum/-zentrum an einem anderen Ort möglich, wo Engagement mehr geschätzt wird.

  4. Danke Nina .. eine traurige Geschichte! 70.000 Euro für eine Studie und dann geschieht nichts weiter ! Was kann ich dazu tun, dass es weitergeht ?

    1. Liebe Irene, es wäre mir lieber, ich müsste solche Geschichten nicht schreiben. Wie wir das weiterbringen könnten – ich weiß es nicht. Es ist einfach nur deprimierend, wie eine Stadtgemeinde die Frauen anrennen lässt.

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