Es gibt Leute wie zum Beispiel den Heinz Sichrovsky, die glauben, dass sich der Feminismus eh schon selbst erledigt hat. Das hat er einmal Marlene Streeruwitz gegenüber behauptet, wirklich! So jemand wie er hält wahrscheinlich auch die feministische Kunst der Seventies für obsolet. Wobei, wer weiß. Ich kenn ihn nicht. Wär jetzt unfair, da was zu unterstellen.
Hausfrauendenkmal, reanimiert
Dass die feministische Avantgarde tatsächlich hochaktuell ist, bewies unlängst die Kunsthalle Wien, deren Leiterinnen, das WHW-Trio, mich generell recht zuversichtlich stimmen – für das Haus, für die Stadt, für die Kunstschaffenden hier. Das Projekt „KISS“, das die Kunsthalle über den Sommer veranstaltet, reanimierte das „Hausfrauendenkmal“ der wundertollen Margot Pilz.

Zwei Tage lang war das Werk, das sie 1979 ursprünglich für den Steirischen Herbst im Grazer Stadtpark gebaut hatte, als Remake am Karlsplatz zu sehen: ein zeltartiges Gebilde aus Leintüchern, auf dem mehrmals „Hausfrauendenkmal“ geschrieben steht. Leintücher waren in den Siebzigern recht in, die Künstlerinnengruppe IntAkt hat öfter damit gearbeitet. Und tatsächlich schwingt ja auch viel mit in den Textilien. Wie es auf der Website der Kunsthalle Wien heißt: „Das benutzte Bettzeug repräsentiert den gesamten Lebenszyklus: von der Fortpflanzung über die Fürsorge bis hin zu Ritualen, die für alle Menschen gleich sind (Geburt, Liebe, Schlaf, Tod). Gleichzeitig erzählt es von der Realität, mit der Hausfrauen konfrontiert sind, der geschlechterspezifischen Arbeitsteilung und der fehlenden Anerkennung häuslicher Arbeit.“
Deprimierende Zahlen
Margot eröffnete also vorigen Donnerstag ihr ephemeres Denkmal, zwei Tage drauf trungen wir es dann in einer Prozession – begleitet von Sound der großartigen Hicran Ergen – zu einem Müllcontainer. Genau wie damals in Graz. So vergänglich wie die Hausfrauenarbeit ist auch dieses Denkmal.
Bei der Enthüllung gab es Statements von sieben Frauen (ich war auch eingeladen zu sprechen, und, Transparenzhinweis, bekomme ein kleines Honorar dafür). Die meisten Beiträge drehten sich um die Aktualität des „Hausfrauendenkmals“, speziell während und nach dem Shutdown. Die Volkswirtin Katharina Mader lieferte deprimierendes Zahlenmaterial zur Aufteilung von Haushaltsarbeit in heterosexuellen Partnerschaften, Gabriele Schor, die Leiterin der Sammlung Verbund, sprach über Margots „Arbeiterinnenaltar“, der sich um den Gender Pay Gap dreht, Frauen*spaziergängerin Petra Unger lieferte ein ebenso leidenschaftliches wie witziges Plädoyer an Frauen, sich nicht einwickeln zu lassen durch romantische Vorstellungen.

Staubsaugerei, Büglerei, Kocherei
So instruktiv und spannend das Ganze war: Mittlerweile beschleicht mich bei diesen Diskussionen ein ungutes Gefühl. Wie oft haben wir das schon gehört? Dass Männer noch immer erfolgreich Hausarbeit und Kinderbetreuung vermeiden, daher: Gender Pay Gap, Altersarmut, mangelnde Selbstverwirklichung usw. usf.? Dabei ist nicht einmal immer nur die Teilzeit-Falle schuld. Die „Emma“ zitiert die Chefin des Allensbach-Instituts, Renate Köcher, mit der Aussage: „Selbst wenn beide Partner ganztags berufstätig sind, wird das Schwergewicht der Hausarbeit von Frauen geleistet.“ Diese werde nur in einem von vier Haushalten, wo Mann und Frau fulltime erwerbstätig sind, fifty-fifty geteilt. Das sind zumindest die Zahlen in Deutschland, wahrscheinlich schauen sie in Österreich ähnlich aus.
Ehrlich, wenn ich das lese, packt mich die Wut. Nämlich richtig. Aber – und jetzt weiß ich nicht, ist das total unfeministisch? – auf die Frauen! Wie kann es sein, frag ich mich, dass sie bei einem 40-Stunden-Job immer noch die ganze Staubsaugerei, Büglerei, Kocherei, Putzerei, Kinder-Bespaßung und so weiter auf sich nehmen? Wieso lassen sie es zu, dass ihre Männer währenddessen vor dem Fernseher hocken, ein Bierchen zwitschern, im Schwimmbad ihre Runden ziehen oder in die Luft schauen? Was ist da los?

Hört auf damit!
Die „Emma“ erklärt die Misere mit einer „unbewussten Beharrungstendenz“, dass also Männer wie Frauen ihr eingelerntes Verhalten nicht so einfach ändern können. Bitte, bitte, bitte, all ihr anderen 40-Stunden-Frauen: Lasst den Staubsauger einfach einmal liegen, und den Kochlöffel auch! Gebt dem Mann das Kind, auch wenn es noch ein Baby ist! Hört auf, irgendwelche schwachsinnigen Instagram-Mami-Deko-Idyllen nachzubauen! Bestreikt Staubtuch, Bügeleisen und Wäsche! Gut, es kostet viele Kraft, herumliegende Socken und wenig dekorativen Lurch zu übersehen, aber da müsst ihr hart bleiben. Ihr werdet nicht im Dreck ersticken, und die Kinder werden nicht in der Gosse landen, weil die Männer mehr drankommen und ihr dafür Freiheiten gewinnt. Beschwert euch nicht, dass ihr diesen ganzen Haushalts-Scheiß machen müsst, streitet nicht lang herum – sondern weigert euch einfach!
Sonst muss Margot ihr Denkmal in hundert Jahren wieder neu errichten.
In eigener Sache
Ein Projekt, das mir sehr wichtig ist, nimmt momentan meine freien Stunden und Tage ziemlich in Anspruch. Daher erscheint dieser Blog derzeit nur sporadisch; ich möchte euch aber auf dem Laufenden halten, sobald das Ganze konkretere Formen annimmt. Und sobald es fertig ist, soll dieser Blog zumindest wieder alle zwei, drei Wochen neu beschrieben werden. Über Infos und Nachrichten in Sachen Kunst und Feminismus freu ich mich dennoch immer. Bitte um euer Verständnis!