Sophie rules!

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Ich habe eine gewisse Leidenschaft für Statistiken. Die Kolumne „Zahlen!“ in der Wiener Stadtzeitung Falter gehört zu dem, was ich dort als erstes lese. Wie hoch ist das Medianeinkommen von Frauen, wie hoch das von Männern? Wieviel Prozent aller Mütter sind berufstätig in Österreich, wieviel in Frankreich? All das interessiert mich brennend. Gleichzeitig weiß ich, dass die Antworten dann wieder erklärungsbedürftig sind. Jede Statistik hat ihre Tücken. 

Und es gibt so viel, das man noch durchforsten kann! Zum Beispiel den Künstlerinnenanteil in Galerien. Leider bin ich kein großes Institut und habe nicht die Ressourcen, hunderte internationale Galerien zu scannen. Daher habe ich mich bei meiner Mini-Statistik auf die österreichischen fokussiert. Jetzt gab es natürlich schon unlängst im PARNASS-Special über den Kunsthandel die Arbeit der Künstlerin Marianne Stålhös. Sie gab den Prozentsatz der Künstlerinnen an, die von Galerien vertreten werden. Ich glaube aber, dass die Anzahl der Soloshows aussagekräftiger ist: Es verlangt ein stärkeres Commitment, eine Künstlerin, einen Künstler auszustellen als sie oder ihn auf der Liste zu haben. 

Sophie Thun, While holding (passage closed), Galerie Sophie Tappeiner (Foto: kunstdokumentation.com, Courtesy Sophie Thun, Sophie Tappeiner)

Für meine Zählung habe ich die Websites jener Galerien durchgekämmt, die auf der viennacontemporary 2018 vertreten waren. Es ist anzunehmen, dass diese ein gutes Standing haben, und irgendwo muss ich eine Linie ziehen (also schon jetzt sorry an alle, die nicht erwähnt werden – es gibt, übrigens, eine Kommentarfunktion, just in case). Dabei habe ich die  Einzelausstellungen 2017 und 2018 gezählt und nur solche Galerien berücksichtigt, die in dieser Zeit mehr als fünf davon zeigten (das sind insgesamt 26). Bei Künstlerpaaren scheinen nur ausschließlich weibliche oder männliche (wie die Hohenbüchlers oder Gilbert & George) auf, und zwar als eine einzige Position. Bei Galerien, die zwei gleichwertige Standorte in Österreich betreiben (wie Thoman) wurden beide Locations eingerechnet; zusätzliche Projekträume ohne eigene Öffnungszeiten fanden allerdings nicht Eingang in die Zählung. 

Nil Yalter, Exile is a hard job, Galerie Winter, 2018 (Foto: Simon Veres, Courtesy Galerie Winter)

Hier das Ergebnis: 

Aufholjagd

Die – anteilsmäßig – meisten Künstlerinnen stellte Sophie Tappeiner aus: Sechs der sieben Soloshows wurden von Frauen bestritten. Es ist, als würde Sophie die jahrhundertelange Ignoranz gegenüber weiblichem Kunstschaffen ausgleichen. Gratulation zum Stockerlplatz!

Esther Stocker, Ausstellungsansicht / Installation view, Krobath Wien 2018. Courtesy: Esther Stocker und Krobath Wien. Foto: Rudolf Strobl

Auch ganz weit vorn sind Hubert Winter (sieben Künstlerinnen, drei Künstler) und Krobath (fünf zu drei). Danke, danke, danke!

Die goldene Mitte

Viele Galerien bewegen sich so um die fifty-fifty herum. Einen leichten Überhang an Künstlerinnen hatten Croy Nielsen (sechs zu vier), Meyer Kainer (fünf zu vier) sowie Emanuel Layr und Agnes Reinthaler (jeweils sechs zu fünf), ebenso Nathalie Halgand, die leider ihre wunderschönen Räume am Naschmarkt zusperrt (vier zu drei). Exakt 50 Prozent: Gianni Manhattan und Lisi Hämmerle. Und fast die Hälfte der Ausstellungen waren Künstlerinnen gewidmet bei Janda (fünf zu sechs), Schwarzwälder (vier zu sechs), Senn (drei zu vier), Zeller van Almsick (fünf zu sieben). 

Gerlinde Miesenböck
Installationsansicht: Gerlinde Miesenböck, Capita, Galerie Reinthaler, 2018 (Foto: georgeye)

Gruppenbild mit Dame

Und dann gibt es noch ein paar, die kaum Künstlerinnen zeigten. Das Gruppenbild mit Dame malten in diesen beiden Jahren Crone (eins zu acht) und Feichtner (eins zu sieben) sowie Charim und König (eins zu fünf). Auch bei Hilger und, leider, ausgerechnet beim internationalen Top-Player Ropac waren weibliche Positionen marginal vertreten. 

Fazit: Erfreulicherweise zeigen jüngere Galerien viele Künstlerinnen, fast immer zumindest halbe-halbe. Bei etablierten sind sie insgesamt dagegen noch immer nicht ganz so gut vertreten – Ausnahmen wie Hubert Winter bestätigen die Regel. Sehr zugespitzt könnte man sagen: Die Zukunft ist weiblich, das Establishment männlich. 

Insgesamt kam ich auf einen Prozentsatz von 38,4 zu 61,6. Er ist ähnlich dem Geschlechterverhältnis im Parlament: 37,2 zu 62,8. Wie heißt es im Werbespruch eines Baumarkts? Es gibt immer was zu tun.

Hier die Aufstellung: 

GalerieKünstlerinnenKünstler 
Croy Nielsen64
Crone Wien18
Charim15
Feichtner17
Gianni Manhattan33
Halgand 43
Hämmerle55
Hilger319
Janda56
Kandlhofer715
König15
Krobath53
Krinzinger37
Layr65
Meyer Kainer54
Schwarzwälder 46
Ropac 212
Reinthaler65
Michaela Stock47
Senn34
Smolka59
Tappeiner61
Thoman 29
unttld46
Winter73
Zeller Van Almsick57
   
Gesamt104167
   
Prozent38,461,6

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