Unlängst sagte jemand in einem Auktionshaus zu mir, dass die aktuellen Preisrekorde bei Künstlerinnen wohl nichts anderes seien als eine Modeerscheinung. So, wie halt manchmal gestische Abstraktion und dann wieder Zero gut geht. Vielleicht war auch von gelben Bildern oder roten die Rede, ich weiß es nicht mehr genau.

Preisrekorde
Egal. Ich glaub’s nämlich nicht ganz. Denn dazu ist diese „Modeerscheinung“ zu mächtig. In der „New York Times“ schrieb Autorin Mary Gabriel, die ein Buch über die Abstrakten Expressionistinnen herausbrachte, dass voriges Jahr allein in den Frühjahrsauktionen in New York 15 Künstlerinnen neue Preisrekorde aufstellten. Artemisia Gentileschi, Judith Leyster, Michaelina Wautier: ständig neue Nachrichten von teuer versteigerten Bildern.
Und es ist auch kein Wunder, dass der Kunstmarkt aufspringt. Schließlich braucht er stetig Neues – und bei den Künstlerinnen lässt sich da noch viel entdecken. Gerade die Alten Meister und das 19. Jahrhundert stagnieren ja im Großen und Ganzen, verglichen mit Moderne und Contemporary ein bisschen. Da kann es nicht schaden, Ausschau zu halten nach Objekten, die preislich noch heftiger anziehen können.

The Female Triumphant
So verschickt Sotheby’s eine Presseaussendung mit dem schönen Titel „The Female Triumphant“. Eigentlich handelt es sich um nichts anderes als 21 Lose von 14 Künstlerinnen, die in drei Auktionen Ende Jänner versteigert werden, aus der „Pre-Modern Era“. Darunter ein Heiliger Sebastian von Artemisia Gentileschi (Schätzwert 400.000 bis 600.000 Dollar), deren „Lucretia“ im Dorotheum ging wie Sau. Auch im Angebot: ein „Porträt von Muhammad Dervish Khan“ von Elisabeth-Louise Vigée Le Brun , das gar auf vier bis sechs Millionen Dollar taxiert wird, ein Stillleben von Fede Galizia, mit zwei bis drei Millionen Dollar auch nicht schwach geschätzt. Und ein etwas schmalziges Gruppenporträt von drei Kindern, gemalt von Angelika Kauffmann. Es soll 600.000 bis 800.000 Dollar kosten.
Calvine Harvey, Altmeisterspezialistin, sagt: „Es ist noch viel Arbeit zu erledigen. 2018 hat Sotheby’s nur 14 Werke von weiblichen Alten Meistern verkauft – verglichen mit 1.100 männlichen Künstlern.“ Doch mittlerweile scheint echt Bewegung in die Sache zu kommen.
Interessant daran ist ja nicht nur, dass in letzter Zeit viele Rekorde gesetzt, sondern dass dadurch mittlerweile offenbar mehr Werke von Künstlerinnen – auch von solchen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert – eingeliefert werden als zuvor. Das erscheint folgerichtig, angesichts ihrer verstärkten Präsenz in Museen und in der Forschung.

Natürlich brauchen wir uns nichts vorzumachen: In dieser Sparte wird nie fifty-fifty herrschen. Eh klar: Schließlich konnten Frauen nur unter den schwierigsten Bedingungen überhaupt Künstlerinnen werden und diesen Beruf dann auch langfristig ausüben. Doch die Zeichen stehen gut, dass den Künstlerinnen dieser Zeit ein bisschen historische Gerechtigkeit, auch in ökonomischer Hinsicht, wiederfährt. Nein, ich glaube nicht, dass das alles nur eine Modeerscheinung ist.
