Ich geb’s zu, mich reitet der blanke Egoismus. Doch manchmal ärgere ich mich schon darüber, welche Künstlerinnen es bisher noch nicht nach Wien geschafft haben. Also, von wem aller hier noch nie eine halbwegs anständige Personale zu sehen war. Picasso, Monet, Mondrian, alles dagewesen. Doch was ist mit so vielen ihrer Kolleginnen? Von denen besitzen manche der österreichischen Museen sogar etwas, hier und da waren sie schon in homöopathischen Dosen zu sehen. Mehr davon, bitte! Hier meine Liste der fünf Avantgardistinnen, von denen ich endlich mal in Wien etwas sehen möchte, Größen der klassischen Moderne, die längst nicht mehr zu den wieder zu entdeckenden Künstlerinnen gehören, deren Werke in den wichtigen Museen lagern. In alphabethischer Reihenfolge.
1. Anni Albers
Die Bauhauskünstlerin mit ihren geometrischen Textilarbeiten und Malereien steht irgendwie wie viele Avantgardistinnen im Schatten ihres Mannes. Zeit, daraus hervorzutreten. Während ihr die Tate Modern bald eine Ausstellung widmet, die zuvor schon in der Kunstsammlung NRW war, kennt man sie in Wien noch nicht, diese vielseitige Pionierin der Webkunst. Wär‘ das nicht vielleicht was fürs MAK?

2. Claude Cahun
Immerhin: Im KHM zeigte man in der Ausstellung „Shape of Time“ eines der Selbstporträts von Claude Cahun, die früh Genderstereotype entlarvte. Ihre androgynen, oft symbolisch aufgeladenen Fotografien, in denen sie manchmal als Clown posiert oder unter eine Käseglocke taucht. Sie gehört zu den Vorläuferinnen einer Cindy Sherman oder eines Jürgen Klauke, der spielerische Umgang mit Identitäten ist bis heute frisch.

3. Hannah Höch
Hannah Höch, immer noch unterschätzt. Man glaubt’s ja kaum, denn schließlich war sie eine der Erfinderinnen der Fotomontage, und ich bin noch immer überzeugt davon, dass diese für die Kunst des 20. Und auch 21. Jahrhunderts wichtiger war als jetzt zum Beispiel ein Klimt. Der Witz, mit dem sie sich über die Größen der Weimarer Republik lustig machte, über den Kolonialismus ihrer Zeit und die Beklemmung, die zum Beispiel ein Gemälde wie „Das Brautpaar“ verströmt: groß. Ganz, ganz groß. Viele Arbeiten auf Papier, by the way. Da gäb’s ja diese grafische Sammlung am Albertinaplatz.

4. Jeanne Mammen
Die Berlinerin fing das Night Life der Roaring Twenties in ihrer Heimatstadt ein wie niemand sonst – wobei bei all dem Glamour eine gewisse Melancholie und Ermüdung mitschwingt: Bei ihr sind die Revuegirls eben nicht nur lustig, sondern ziemlich k. o. Später malte sie abstrakt: so wandelbar wie Meret Oppenheim. Die Ausstellung, die voriges Jahr in der Berlinischen Galerie lief, soll bitte nach Wien kommen!

5. Sophie Täuber-Arp
Dasselbe Problem wie bei Nummer 1: Wurde immer im Doppelpack mit dem Gespons wahrgenommen. Irgendwie schaffen es die immer, sich breiter zu machen. Jahrzehnte später heißt es dann generös in Lexikon- und Ausstellungstexten, die Ehefrau habe ein „eigenständiges“ Werk. Shit, was denn sonst? Eigenständiger geht es ja wohl nicht. Schließlich gehörte Täuber-Arp zu den ersten, die konstruktiv-geometrisch malten, nämlich nicht von einem Gegenstand ausgehend abstrahierend, sondern gänzlich frei. Tänzerin und Kunsthandwerkerin war sie übrigens auch noch. Das Mumok hätte was von ihr.

Sophie Taeuber-Arp, „Dada-Komposition“, 1920; Quelle: Wikipedia Creative Commons
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